Plastikfrei mit Kindern – eine Challenge

Bloggerin Evelyn Höllrigl Tschaikner von @little.paper.plane, wagt die Challenge und versucht gemeinsam mit ihren Kindern eine Woche lang auf Plastik zu verzichten.

Plastikfrei mit Kindern – eine Challenge

Es war in den USA, während unseres Trips, als ich das erste Mal ein bisschen stolz war auf Europa und wie sie das mit dem Plastikkonsum so regeln. Denn ja, die Mühlen mahlen langsam. Aber sie mahlen. Als ich in New York nämlich am Kiosk stand um Trinkwasser zu kaufen, kam dieses in einer Plastikflasche verpackt und die Plastikflaschen wollte mir die Bedienung routinemäßig in jeweils zwei (!) Plastiksackerl packen. „No thanks, I am carrying it like that!“, sagte ich zu ihr und sie sah mich an, als wäre ich total verrückt. Also packte ich die schweren Plastikflaschen am Plastikgriff und spazierte raus. Mit dem festen Vorhaben, das jetzt daheim anders anzugehen, mit dem ganzen Plastikwahnsinn. Denn wenn jeder klein bei sich anfängt, kann schon eine ganze Menge getan werden.

Wieso sollten wir Plastik reduzieren?

Plastik bringt so einige wünschenswerte Eigenschaften mit sich, es ist gut formbar, temperaturbeständig und bruchfest. Aber es ist biologisch extrem schwer abbaubar und gelangt daher früher oder später auf unsere Teller und auf unsere Haut. Eine Studie des Umweltbundesamtes und des Robert-Koch-Instituts hat neulich ein besorgniserregendes Ergebnis ans Licht gebracht: Sie haben den Urin von 2500 Kindern untersucht und bei fast allen waren Plastikrückstände zu finden. Bei 20 Prozent der Kinder zwischen drei und 17 Jahren waren die Werte von Perfluoroktansäure (PFOA) über dem Grenzwert. Weichmacher in unserem Inneren. In unseren Kindern. Stellt euch das mal vor.

Doch so leicht wie es sich anhört, ist „plastikfrei“ gar nicht. Denn manchmal tarnt sich Kunststoff auf ganz schön fiese Art und Weise. Ich habe es eine Woche ganz intensiv probiert plastikfrei einzukaufen und zu beobachten, wo Kunststoff überall drin steckt. Und bin an meine Grenzen gekommen.

Plastikfrei in drei, zwei, eins...

Zunächst habe ich mal recherchiert und gemerkt, dass Plastik nicht nur in Verpackungen steckt, sondern auch in Produkten. In ganz schön vielen Produkten. In Zahnpasta zum Beispiel, in Duschgels, Nagellack, Tampons (!), Backpapier, Salz, Kaffeefilter, Waschmittel, Feuchttücher,...! Das sind Dinge, die wir im Alltag brauchen und die wir nie direkt mit Kunststoff in Verbindung gebracht hätten. Dinge, die wir an unser Essen lassen, die wir an unsere Kinder lassen! Nehmen wir die Feuchttücher zum Beispiel – die dürfen nämlich nicht im Klo entsorgt werden. Grund dafür ist, dass die meisten aus Plastikgewebe hergestellt werden. Das macht sie reißfest aber auch schwer abbaubar. Und Feuchttücher sind Produkte, die vermutlich in jedem Haushalt mit Kindern präsent sind. Und genau darauf wollte ich in meiner plastikfreien Woche achten, auf das sogenannte „Hidden Plastic“.

© Evelyn Höllrigl-Tschaikner

Im Rahmen der „European Week for Waste Reduction“ habe ich also genauer hingesehen.

Ich habe mich gut vorbereitet. Da ich wusste, dass in den meisten Waschmitteln Plastik vorkommt, habe ich mein eigenes Pulver hergestellt. Ganz ohne Chemie. Das ist eigentlich ganz einfach, mit etwas Natron, Waschsoda und Kernseife hat es sich erledigt. Für den Duft ein paar Tropfen Eukalyptusöl. Und auch das Pulver für die Spülmaschine war ähnlich schnell zusammengemischt und in Gläser abgepackt. Ich habe mich schon gefühlt wie eine etwas ältere Greta Thunberg. Nur mit Mum-Bun statt Zöpfen.

Montag spazierte ich mit der Großen in den Unverpackt-Laden. Da gibt es alles, was man an Lebensmitteln so braucht, nur ohne Verpackung, wie der Name bereits vermuten lässt. Gefüllt werden die Nudeln, das Mehl, die Milch, das Müsli und Co. dann in Gläser, Metalldosen oder in Jutebeutel. Pluspunkt: Kein Müll. Minuspunkt: Ziemlich kostspielig.  Am Abend gab es dann Nudel mit Tomatensoße und Salat, alles plastikfrei verpackt und frisch.

Und dann mussten wir nach dem Essen abspülen...und wir merkten, dass der Küchenschwamm ja eigentlich auch nichts anderes ist, als ein gelbes Kunststoffdings. Es sind genau die Dinge, die im Alltag so normal wirken, so selbstverständlich, die das Umdenken oft erschweren.

Und nicht nur das: Unsere Zahnbürsten? Plastik! Unsere Zahnpasta? In Plastik verpackt und mit Plastikpartikeln „angereichert“.

Dienstag musste ich für Mini Windeln und Feuchttücher besorgen. Ich radelte in den Laden und nahm mir die Zeit die Verpackungen umzudrehen, zu lesen, zu googeln. Ich zog auch digitale Hilfe in Form einer App an, um zu verstehen, bei welchen Produkten es sich um „Hidden Plastic“ handelt. Erschreckend war, dass in den meisten Produkten Kunststoff enthalten ist und generell gar nicht erst angegeben wird, woraus die Tücher selbst sind. Es gibt aber Hoffnung, wenn man sich die Packungen genauer anschaut merkt man, dass einige Hersteller bewusst auf Zellulosefasern setzen, die auf Holz basieren und somit komplett biologisch abbaubar sind.

Mittwoch überkam mich eine irrationale Lust auf etwas Süßes, also wollte ich mir ein Eis holen. Doch im Supermarkt angekommen wurde mir klar, dass so ca. jedes Eis im Sortiment in Plastik verpackt war. Dann stellte ich irritiert fest, dass es meine heißgeliebte Hafermilch auch nur im Tetrapack verpackt gab. Verbittert und mit lediglich einem Apfel, verließ ich den Laden.

© Evelyn Höllrigl-Tschaikner

Donnerstag ist bei uns Badetag. Unsere Babywanne ist allerdings aus Plastik. Und die Kinderseife? Ahja, auch in Plastik verpackt. Um im Bad auf Plastik zu verzichten, muss man allerdings weder tief in die Tasche greifen, noch ist es Hexerei: Seifen! Es gibt nämlich welche fürs Gesicht, den Körper, Kinder usw. Auf die Wanne aus Kunststoff konnte ich aber nicht verzichten, das ganze Bad wäre sonst unter Wasser gestanden...

Freitag Putzen ohne Plastik? Challenge accepted. Da wären ja zunächst einmal die Schwämme und Lappen. Weg mit denen aus Kunststoff, alte T-Shirts aus Baumwolle müssen daran glauben. Putzmittel sind bei uns meist entweder selbst gemacht und einige hatte ich mir vom Unverpackt-Laden geholt. Weniger Chemie bedeutet ein bisschen mehr schrubben. Tja, da mussten wir durch...

Samstag habe ich meine Tage bekommen. Wer jetzt denkt: „Oh, too much information“ dem muss ich kontern: Die halbe Weltbevölkerung blutet einmal im Monat: Deal with it. Wisst ihr eigentlich wie viel (Plastik)Müll man während einer Periode produziert? Alle Hygieneprodukte sind in Plastik abgepackt, Tampons und Binden enthalten selbst auch noch Plastik. Ich hatte aber vorgesorgt und mir eine Menstruationstasse aus Silikon bestellt. Und ich muss sagen: Es ist billiger und Frau reduziert den Müll dramatisch, es ist erstaunlich.

Sonntag ist es an der Zeit für eine Zusammenfassung. Plastikfrei zu leben ist schwer. Etwas Anderes zu sagen wäre gelogen. Wer komplett plastikfrei leben will, muss auf vieles verzichten und braucht auch viel Zeit um Dinge selber zu machen. Aber wer nicht klein anfängt, hat ja schon aufgegeben. Anfang der Woche dachte ich noch, dass plastikfrei zu leben eigentlich sauteuer sein muss. Aber es gleicht sich aus. Durch weniger Ausgaben bei Putzmitteln, Duschgels, Waschpulver und manchen Hygieneartikel, fallen die paar Euro mehr für unverpackte, regionale Lebensmittel oder plastikfreie Produkte aus dem Pflegebereich nicht ins Gewicht. Wichtig ist allerdings auch das Plastik, das man schon hat, so lange es geht weiter zu verwenden um nicht noch mehr Kunststoffmüll zu produzieren. Es ist nachhaltiger, die vorhandenen Dinge zu benutzen, bis sie kaputtgehen – und sie erst dann durch bessere Produkte für ein Leben ohne Plastik zu ersetzen.

 

Natürlich ist bei mir noch nichts perfekt. Ich bin noch sehr weit davon entfernt komplett plastikfrei zu leben, aber ich habe einen Anfang gesetzt und ich versuche meine Kinder mit einem Bewusstsein für ihre Umwelt großzuziehen. Es wird seine Zeit dauern, vielleicht kann ich auch einige Dinge gar nicht umsetzen. Aber ich konsumiere bewusster, lese die Packungsangaben, verzichte auf To-Go-Produkte und nehme unser Wasser in einer Metallflasche mit. Und zwischenzeitlich geht es auch sonst weiter: Plastiktaschen verschwinden langsam aus den Läden, Strohhalme werden verbannt, To-Go-Becher in Läden durch Bambusbecher ersetzt...

Es sind kleine Schritte. Aber es ist ein Anfang: #itsinourhands.

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